27.07.2021 – Mühlviertler´sche Multizellen

27.07.2021 – Mühlviertler´sche Multizellen

27.07.2021 – Strukturreiche Mutlizellen im Mühlviertel

 

Eine Anfangs unscheinbare Gewitterlage, die im Endeffekt tolle Strukturen hevorbrachte. Viel Spaß beim Lesen!

1. Synoptik

Wie oft diesen Sommer liegt Österreich am 27. Juli vorderseitig eines Langwellentrogs, der von einem ausgeprägten Höhenrücken über Osteuropa flankiert wird. Im Analysezeitraum verlagert sich dieser langsam in den Mittelmeerraum, während ein Kurzwellentrog von Island bis zu den britischen Inseln vorankommt und dem dort verweilenden Höhentief wieder Leben einhaucht. Somit verlagert sich der Trog langsam Richtung Osten.

Im Übergangsbereich findet sich eine verwellende Luftmassengrenze quer über Mitteleuropa. An dieser sorgen eingelagerte Wellen und lokale Konvergenzen immer wieder für Hebungsmeachnismen. Weiterführend werden die von Italien, über Österreich bis nach Polen lagernden labilen Luftmassen im Tagesverlauf aktiviert.

Im Detail bedeutet dies einen leicht föhnigen und grundsätzlich ruhigen Sommertag, mit einer am Nachmittag auflebenden Welle an Konvektion ausgehend vom Alpenhauptkamm bis ins angrenzende Alpenvorland. An der Luftmassengrenze können sich lt. Lokalmodellen nochmals an die 800-1000J/kg ML CAPE aufbauen. Entlang der Alpen dank Föhn lokal bis 1500J/kg.

Auch der Bodenwind ist für solch eine Lage recht klassisch. Die südlichen Anströmung wird im Osten um den Alpenbogen gelenkt und etabliert somit einen bodennahen Ostwind entlang der Nordalpen, der durch das konvergente Verhalten der Alpen im Alpenvorland auf Nord bis Nordost dreht.

Das Wiener Sounding von 12z zeigt hochreichend gute Windscherung. Mit einer DLS von knapp 20m/s und  0 -3 km Scherung von ca. 10 m/s, sind höher organisierte Gewitterzellen möglich. Die nur schwachen aber von Ost, mit der Höhe zyklonal auf W/SW drehenden, bodennahe Winde sorgen, in Verbindung mit nur mäßigen Feuchte, für ein sehr geringes bis nicht vorhandenes Tornadorisiko.

2. Verlauf der Lage und anschließender Chase

Am späten Nachmittag können sich ausgehend der Alpen einige schwach organisierte Zellen bilden. Diese ziehen im weiteren Verlauf mit der südwestlichen Höheströmung Richtung Oberösterreich. Die Zellen entstehen in einer recht trockenen Umgebung mit Taupunkten um nur 13-15°C und können daher anfangs nur eine recht schwache Reflektionen entwickeln. In Zugrichtung lagern im Alpenvorland bzw. Zentralraum/Mühlviertel deutlich labilere Luftmassen, die eine stärkere Entwicklung ermöglichen. Daher ist beim Übergang ins Flachland mit einer deutlichen Verstärkung zu rechnen.

Gegen 18:00 Ortszeit erreichen die Gewitterzellen, bereits unter leichter Verstärkung, den oberösterreichischen Zentralraum bei Gmunden. Kurze Zeit später entstehen erste Bilder der Zelle… der Chase beginnt.

3. Der Chase in OÖ

Um 18:45 konnte einer unserer Chaser die Zelle von Zuhause aus sehen bzw. erste Bilder der Zelle machen. Standort Allhaming OÖ.

Um ca. 19 Uhr machte ich mich dann auch auf dem Weg zu meinem Aussichtspunk mit perfektem Blick in Richtung Süden. Nach ca. 20 Minuten wurden erste Strukturen der Shelfcloud erkennenbar. Der Anblick war genial. Da der Westen von Oberösterreich nahezu wolkenfrei war, wurde die Shelfcloud sehr schön von der Sonne angeleuchtet.

Standort: Altenberg bei Linz

Hier das Radarbild zum gleichen Zeitpunkt:

Man erkennt, dass das Radarecho mehere Kerne aufweist und ein hoher Organisationsgrad eher fehlt. Daher die Bezeichnung Multizelle.

Am Satelitenbild schön zu sehen wie der Gewitterkomplex halb Oberösterreich abdeckt.

Die Strukturen wurden immer schöner. Laminare Einschleifungen im oberen Bereich und darunter die Arcus Cloud. Diese tieferen Wolken enstehen durch die kühlere Luft die unten aus der Zelle herausläuft und zeitgleich läuft die wärmere Luft oben in die Zelle hinein. So entseht die klassische Böenwalze.

Beim Übergang vom Flachland ins Hügelland begann die Shelfcloud allerdings auszulaufen und die Strukturen verlierten sich. Der Gewitterkomplex wurde outflowdominant; sprich die kühle Luft, die in Bodennähe aus dem Gewitter herausläuft, schneidet die Zufuhr wärmerer energiereicher Luft ab. Das passiert wenn in einem Gebiet nicht genügend CAPE lagert oder die Windscherung (Windzunahme & Richtungsänderungen in die Höhe) deutlich schlechter wird.

Schön zu sehen in meinem Timelapse Video von der GoPro.

Ein paar Kilometer weiter östlich in Katsdorf, konnte mein Bruder auch ein sehr beeindruckendes Timelapse Video mit seiner GoPro anfertigen.

Sein Standort passte besser weil der Zellenkomplex direkt auf ihn zuzog. Ich war eine Spur zu weit westlich. Im Endeffekt konnten wir den Gewitterkomplex aber so aus zwei Perspektiven perfekt festhalten.

Ich habe am Ende nochmals meinen Standort gewechselt, um ein finales Timlapse Video, von dem in Richtung Nordosten abziehenden Gewitterkomplex, zu machen.

An der Rückseite des Gewitter zuckten noch einige Blitze heraus. Mit etwas Glück konnte ich hier noch einen einfangen.

Alles in allem war es ein unscheinbarer Gewittertag der meine Erwartungen von den Wolkenstrukturen her übertroffen hat. Auch die Schäden die wir 2021 ja schon zu Genüge hatten, hielten sich hier bis auf einige Überflutungen in Grenzen.

 

Quellen:

 

Radarbilder 5min Vorhersage (Kachelmann),  Stationsdaten (ZAMG) & Satellitenbilder von https://kachelmannwetter.com/at/

GFS Analysekarten von http://www1.wetter3.de und wetterzentrale.de

Radiosondenaufstieg (ZAMG) von http://www.rawinsonde.com/